Foto eines sehr alten PC.
Irgendwann hat jede Technologie ausgedient und muss ersetzt werden.
  • Best Practice

Wie der Mensch altert auch Technologie

Die Ablösung von Altsystemen im Zeitablauf

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Wir werden alle älter – Software auch. Irgendwann ist es Zeit, über eine Ablösung der Software nachzudenken. Die Anwendung einfach mit frischem Layout zu versehen, die Datenbankversion zu aktualisieren oder schnellere Hardware zu spendieren, reicht längst nicht. Die Anwender haben andere Wünsche als vor 20 Jahren, die technologischen Möglichkeiten sind gewachsen, die Mitbewerber im Markt legen die Latte immer höher. Also muss von Grund auf neu gedacht werden: Technologien, Prozesse, Design.

Dieser Aspekt ist gut mit einem Staubsauger vergleichbar: Er leistet seit 20 Jahren seine Dienste, hat schon diverse Stürze hinter sich und wurde mit Panzertape und neuem Fuß wieder instandgesetzt. Trotzdem ist der Nachbar bei gleicher Wohnungsgröße schneller mit dem Fusselkampf fertig. Sein Staubsauger gilt als der neueste Schrei.

Die Motivation

Für Staubsauger und Software gilt gleichermaßen: Die zugrundeliegende Technik entwickelt sich weiter. Beutellose Leisetreter lösten staubtütenverschlingende Düsenjets ab. Mächtigere Programmiersprachen läuten andere Software-Zeitalter ein.

Freunde der Nostalgie werden nun sagen, dass auch das Staubsaugermodell von Oma noch seinen Dienst tut, und solang die Software zum Ergebnis führt, muss auch sie noch nicht ersetzt werden.

Schwarz-Weiß Foto eines Staubsaugervertreters, 50er Jahre
Nostalgie oder Effizienz? Moderne Nutzer bevorzugen definitiv Letzteres.

Beide schaffen das tägliche Pensum locker, der Nutzer hat sich an sie gewöhnt, ein Relaunch vor zwei Jahren – die reparierte Kabelaufwicklung für den einen und das neue Design für die andere – haben die Zuneigung noch einmal bekräftigt. Altern, oder nennen wir es optimistischer Weiterentwicklung, ist ein Grundgesetz des Daseins. Irgendwann muss es einen Schritt weitergehen. Etwas Neues muss her, möglichst aber ähnlich zum Vertrauten. Evolution statt Revolution sozusagen.

Was den Staubsauger betrifft, ist das Thema recht flott erledigt: ein aktuelles Gerät kaufen, das ausgediente entsorgen. Software lässt sich allerdings nicht ganz so einfach auf den Stand der Zeit bringen. Hier steht vor dem Relaunch eine tiefgehende Analyse an: Was soll das neue System besser machen?

Energieeffizienz ist da ein Schlagwort, Flexibilität ein weiteres. Und so sind wir beim …

Anforderungsmanagement

Bevor wir richtig loslegen können, erfassen wir, was wir gerne hätten. Natürlich in enger Zusammenarbeit mit unserem Kunden. Theoretisch kann es der Kunde auch ganz allein, aber wir unterstützen natürlich gern, unsere Expertise wird geschätzt und wir wissen, worauf es ankommt, können also die richtigen Fragen stellen.

Diese fallen sogar schon vor dem eigentlichen Anforderungsmanagement an, zum Beispiel:

  • Ist eine öffentliche Ausschreibung der Leistung sinnvoll, eventuell nötig oder gar zwingend?
  • Wird es eine Entscheidung zwischen Individual- und Standardsoftware geben?
  • Wie erfolgt die Auswahl eines Produktes und eines Dienstleisters?

Für den Staubsauger sind Antworten darauf zügig gefunden, bei Unternehmenssoftware eher nicht. Das kann dann auch gerne mal deutlich länger dauern, als erwartet. Es tauchen Aspekte auf, an die man erst gar nicht gedacht hat. Da müssen Personen oder Stellen einbezogen werden, die anfangs keiner auf dem Schirm hatte. Schließlich haben die getroffenen Entscheidungen Auswirkungen auf die kommenden Jahrzehnte.

Und schon sind wir mitten im eigentlichen Anforderungsmanagement, das sich im Verlauf des Prozesses immer feiner detailliert. Dann ist es soweit …

Der Tag des Produktivgangs

Lange wurde der Tag der Inbetriebnahme herbeigesehnt – alle haben daraufhin gearbeitet und ihr Bestes gegeben. Das System muss sich beweisen.

Ein Tag x, an dem das alte System ab- und das neue angeschaltet wird, ist eher selten. Ein Parallelbetrieb ist von vornherein meist absehbar.

Die Zeit des Parallelbetriebs

Das neue System wächst, macht einiges anders und besser als das alte. Und dennoch hat dieses „gute alte“ seine Berechtigung, muss weiterhin gepflegt und angepasst werden. Neu sind jetzt die Schnittstellen zwischen alter und neuer Welt. Sie funktionieren bidirektional, werden laufend erweitert und stellen sicher, dass auch die schwierigen Fälle gelöst werden können. Denn das neue System besitzt erstmal keine Funktionen zur Nachbearbeitung. Und hier ist sogar fraglich, ob das jemals kommen wird.

Aber auch im Altsystem tut sich etwas: Nach und nach werden Funktionen „in Rente geschickt“, die jetzt an anderer Stelle abgearbeitet werden. Teile der Anwendung nicht mehr zu nutzen, bedeutet aber nicht, die Daten auch in den Ruhestand zu schicken. Im Gegenteil – sie werden noch lange benötigt.

Die Ablösung vs. friedliches Nebeneinander

Wie schon beschrieben, wird es wahrscheinlich gar keine einhundertprozentige Ablösung, sondern eine friedliche Koexistenz zwischen altem und neuem System geben (müssen).

Der Aufwand, alle Funktionen für die Nachbearbeitung in die neue Welt zu übernehmen, ist möglicherweise nicht gerechtfertigt. Immerhin hat das alte ungefähr 20 Jahre auf dem Buckel, da sind viele Funktionen von Kundenseite gewünscht, implementiert und natürlich auch bezahlt worden.

Zusammenfassung

Die Ablösung eines alten Systems gegen ein neues birgt viele Herausforderungen, Stolpersteine, Verzögerungen sowieso. Nichtsdestotrotz müssen wir alle mit der Zeit gehen, teilweise werden wir sogar dazu gezwungen.

Auf jeden Fall ist ein solch umfangreiches Projekt mit den vielen beteiligten Personen sehr abwechslungsreich, birgt Überraschungen, verbindet und bringt viel Spaß mit sich.